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Chemische Werke Bergkamen

Chemische Werke Bergkamen

Ab Ende der 1930er Jahre gehörte die chemische Industrie neben der Förderung von Steinkohle zu den wichtigsten industriellen Standbeinen Bergkamens.

Die Chemischen Werke Bergkamen wurden 1937 von der Essener Steinkohlenbergwerke AG in Auftrag gegeben, nachdem Hitler auf dem Reichsparteitag der NSDAP 1936 verkündet hat, dass Deutschland unabhängig von Rohstofflieferungen werden sollte. 1939 wurde der Bau fertig gestellt, sodass die Herstellung von Benzin aus der vor Ort geförderten Kohle durch das Fischer-Tropsch-Verfahren aufgenommen werden konnte. Dieses Verfahren wurde 1925/26 von Franz Fischer und Hans Tropsch entwickelt und dient neben dem Entstehen von Nebenprodukten der synthetischen Gewinnung von Benzin. Schon 1939 waren rund 600 Leute dort beschäftigt und haben insgesamt 113 Mio. Liter Benzin jährlich hergestellt.

Das hergestellte Benzin wurde im Krieg für Panzer und Flugzeuge verwendet. Aus diesem Grund wurden die Chemischen Werke mit Bergkamen als “kriegswichtig” von den Alliierten eingestuft und sind in amerikanischen Büchern als solche erwähnt. Was zuerst zu einer Steigerung der Einwohnerzahlen geführt hat, war nun verantwortlich für wiederholte Bombenangriffe. Insgesamt fünf schwere Bombenangriffe zerstörten rund 80% der Bergkamener Wohnorte und hatten 450 Tote zufolge.

Nach dem Krieg sollten die Chemischen Werke als Teil der deutschen Rüstungsindustrie demontiert werden, wurden jedoch nach Protesten Bergkamener Bürger 1950 wieder aufgebaut. Gegen Ende der 1950er Jahre wurden die Chemischen Werke Bergkamen durch die Berliner Schering AG aufgekauft, da die Werke durch den mit der ersten Kohlekrise einhergehenden Strukturwandel und billigerem Öl unwirtschaftlich geworden waren. Damit begann die langsame Umstellung auf neue pharmazeutische Produkte, sodass 1962 die Fischer-Tropsche-Anlage stillgelegt worden ist.
Als 2006 die Bayer AG die Schering AG übernahm, ging auch der Standort in Bergkamen an Bayer über. Heute sind auf dem Gelände die Bayer AG, sowie zwei kleinere Firmen aus dem Bereich Chemie (LANXESS Organometallics GmbH & Huntsman Advanced Materials GmbH) zu finden und haben zusammen eine Belegschaft von ca. 1 500 Personen.

Sonstiges:
Der Gynäkologe und SS-Arzt Carl Clauberg arbeite zeitweise für und mit Schering (zu dem Zeitpunkt noch Schering-Kahlbaum). Aufmerksamkeit erlangte Clauberg durch ein Verfahren, bei dem er unfruchtbaren Frauen ein von Schering produziertes halbsynthetisches ’Oestradiol’ (Progynon B) injizierte, um eine Schwangerschaft zu erreichen. Hinterher untersuchte er das Verkleben von Eileitern und führte dazu zahlreiche Menschenexperimente an KZ-Insassinnen durch.
Die von Clauberg verwendeten Chemikalien wurden zum Teil in Scherings Werken produziert und kostenlos zur Verfügung gestellt, seine Forschungsergebnisse gab Clauberg an Schering weiter.

Quellen

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